Des Kaisers zu große Kleider – Vom Eigentum in der Kirche

Wem gehört die Kirche? Und wem gehören die Rücklagen auf der Bank? Wer darf darüber verfügen – und wozu? Im Zuge der Debatten um die Zukunft der Kirche, über Umbau und Transformation, über Abschiede und Neuausrichtung ist eine Diskussion über kirchliches Eigentum aufgeflammt, die mitunter alles andere überlagert. Manchmal entsteht der Eindruck, als entscheide sich an dieser Frage die Zukunft der Kirche.

Gleichzeitig wissen wir: Wir besitzen zugleich zu viel – und zu wenig. Die Ressourcen – Kirchensteuereinnahmen, Rücklagen – gehen zurück; die Zahl und Art unserer Gebäude und der dazugehörigen Strukturen sind in dieser Form kaum noch finanzier- und vielerorts nicht mehr „bespielbar“. Dem Kaiser sind die Kleider zu groß geworden. Und dennoch entzündet sich der Streit, sobald es konkret wird: um „meine“ Kirche, „mein“ Pfarrhaus, „meine“ Rücklagen, „mein“ Sekretariat – oder „unsere“ Kirche, „unser“ Gemeindehaus, „unser“ Büro, „unsere“ Dienststelle.

Vielleicht ist es an der Zeit, noch einmal theologisch über Eigentum und Besitz nachzudenken. Was folgt, will Aspekte herausgreifen, Linien markieren und so eine verantwortliche Praxis vorbereiten. Der biblische Befund wird historisch-kritisch betrachtet, sozialethisch weitergedacht und schließlich auf unsere kirchliche Lage zugespitzt.


1. Eigentum und Besitz im biblischen Befund

Die Bibel kennt unsere juristische Unterscheidung von „Eigentum“ und „Besitz“ nicht, und doch wird das Verhältnis zu dem, was Menschen haben, intensiv reflektiert – und zwar ambivalent.

1.1 Eigentum als Gabe

Einerseits erscheinen Besitz und Eigentum in der Bibel als gute Gabe Gottes und als Zeichen seines Segens. Man darf sich daran freuen; sie sind Gegenstand von Verheißung und Hoffnung. Entsprechend werden sie geschützt – nicht nur durch das Verbot der widerrechtlichen Aneignung, sondern auch durch Regelungen für den Umgang mit Verlorenem (etwa entlaufenem Vieh in Dtn 22). Das Land selbst gilt als Gabe Gottes. Besitz sichert das Leben, stiftet Heimat und Identität, eröffnet Spielräume und verleiht Einfluss im sozialen Gefüge. Darum wiegt der Verlust von Wohlstand (Hiob) schwer, der Verlust des Landes noch schwerer.

Entscheidend ist jedoch, dass Eigentum und Besitz immer wieder ausdrücklich an Gott zurückgebunden werden: „Die Erde ist des HERRN und was darinnen ist“ (Ps 24,1). Gott ist der Geber. Wer das vergisst, handelt töricht (vgl. Ps 14,1; 10,3 ff.).

1.2 Eigentum als Gefahr

Doch schon die biblische Tradition selbst kennt neben solchen Ermahnungen eine andere, schärfere Stimme: die Kritik am Reichtum als Gefahr für Gerechtigkeit und Gemeinschaft – und für die eigene Seele. Das Gebot „Du sollst nicht begehren“ zielt tiefer als auf äußere Aneignung: auf die Begierde, die den Nächsten zur Konkurrenz macht. Die Propheten geißeln Besitzkonzentration, Ausbeutung und die daraus folgende Armut (vgl. Jes 5,8; Am 5; Mi 3,12). Gericht, Zerstörung und Exil erscheinen als durch Gott verhängte Enteignung.

Jesus warnt drastisch: Von den Wehe-Rufen über die Reichen der Feldpredigt (Lk 6,24) über die Begegnung mit dem reichen Jüngling, bis zum Gleichnis vom reichen Kornbauern. Besitz steht hier nicht nur der Nachfolge im Weg, sondern kann der Seele zutiefst schaden.

Die Briefe nehmen den Faden auf: „Die Geldliebe ist eine Wurzel alles Bösen“ (1 Tim 6,9 f.); Jakobus erhebt Weherufe über die Reichen; Paulus warnt vor der gemeinschaftszerstörenden Kraft des Besitzes.

1.3 Eigentum verpflichtet

Aus beiden Linien ergibt sich eine dritte: Eigentum verpflichtet. Die Gabe der Erde ist mit dem Auftrag zum Bebauen und Bewahren verbunden (Gen 2+3). Die Gesetze schützen Besitz und binden ihn zugleich an Verantwortung für die Schwachen. Die Urgemeinde praktiziert – nach dem Idealbild der Apostelgeschichte – Gütergemeinschaft (Apg 4,32–35), Paulus organisiert eine Sammlung für Jerusalem (1 Kor 16; 2 Kor 8–9): Die Fülle der einen gleicht den Mangel der anderen aus – Besitz wird zum Zeichen der Einheit des Leibes Christi.

Im Horizont des Reiches wird Eigentum relativiert. Paulus fasst die Haltung als „hos mē“ – „als ob nicht“: „Die da kaufen, seien, als behielten sie’s nicht … denn die Gestalt dieser Welt vergeht“ (1 Kor 7). Eigentum erhält seinen Sinn im funktionalen Gebrauch.


2. Kirchengeschichtliche Perspektiven

Die Spannung im biblischen Befund setzt sich durch die Kirchengeschichte fort. Die frühe Kirche entwickelte gemeinschaftliche Verantwortung für Besitz; Klöster verstanden Eigentum als Gemeingut für Arbeit, Bildung und Armenfürsorge. Die Armutsbewegungen des Mittelalters – etwa Franziskus – kritisierten die zunehmende Verfestigung kirchlichen Reichtums.

In der Reformation betonte Luther die soziale Funktion des Eigentums, Zwingli die Verwalterschaft. Mit der Säkularisation verlor die Kirche große Besitzstände, gewann aber neue öffentliche Aufgaben: Bildung, Diakonie, soziale Dienste.


3. Sozialethische Reflexionen

Eigentum ist kein isolierter Privatbesitz, sondern eine soziale Institution. Es entsteht durch Anerkennung, Regeln und gesellschaftliche Übereinkünfte. Kulturabhängig ist auch, was als Eigentum gilt: Menschenbesitz erschien einst legitim; heute ist er undenkbar.

Positiv eröffnet Eigentum Handlungsspielräume: Freiheit, Vorsorge, Stabilität, Identität.
Doch Eigentum hat Schattenseiten: Ungleichheit, Ausbeutung, Entfremdung, ökologische Zerstörung, Konflikte – und auch die Bindung der Besitzenden, die sich sorgen, weil sie viel haben.

Daraus erwächst die Gemeinwohlbindung: „Eigentum verpflichtet“ (GG Art. 14). Aristoteles, Thomas von Aquin, Rawls, Jonas – sie alle betonen die Verantwortung des Besitzes.

Besonders erhellend ist die Commonsethik: Gemeingüter funktionieren durch Beteiligung, Transparenz, Kooperation, Rechenschaft. Eigentum erscheint hier als gemeinschaftlicher Auftrag.


4. Kirchliches Eigentum – Gabe, Gefahr, Aufgabe

4.1 Gabe

Kirchliches Eigentum ist anvertrautes Gut – eine geistliche Allmende. Juristisch: Treuhänderschaft. Theologisch: Gabe Gottes, gebunden an Verkündigung, Diakonie und Gemeinschaft.

Eigentum macht Kirche handlungsfähig: Räume für Gottesdienste, Bildung, Beratung, Fürsorge; Orte der Identität; Rücklagen als Puffer und Zukunftsspielräume.

4.2 Gefahr

Eigentum kann zur Last werden: zu viele Gebäude, zu hohe Kosten, zu wenig Menschen. In kirchlichen Gremien absorbieren Gebäude- und Finanzfragen Zeit und Energie, die für Mission und geistliches Leben fehlt.

Es wird zum Selbstzweck („meine Kirche“), grenzt aus (nur für die „Eigenen“) und blockiert Reformen (Nostalgie, Besitzstandswahrung).

4.3 Aufgabe

Eigentum verpflichtet – sozialethisch und theologisch. Es muss geöffnet, geteilt, fruchtbar gemacht werden. In Kooperation mit Kommunen, Vereinen und Initiativen kann es Ressource des Gemeinwesens werden („Wir haben die Kirche – sie haben die Idee“).

Theologisch ist der Maßstab klar: Der Auftrag der Kirche ist nicht Besitz, sondern Evangelium, Gemeinschaft, Dienst am Nächsten. Eigentum ist Mittel, nicht Zweck.

Darum ist Eigentum funktional zu denken: Dient dieses Gebäude dem Auftrag? Trägt es Menschen? Sät es Hoffnung? Oder wäre es anderswo wirksamer?

Manchmal heißt die Antwort: loslassen. Die Kirche bleibt ein wanderndes Gottesvolk ohne „bleibende Stadt“ (Hebr 13). Abschiede brauchen Rituale, die Verlust deuten und Neuanfang ermöglichen.


Schluss: Des Kaisers zu große Kleider

Viele unserer „Kleider“ sind uns zu groß geworden. Was einst Identität stiftete, ist schwer geworden – manchmal zu schwer. Die Zukunft der Kirche hängt nicht an der Menge ihres Besitzes, sondern an der Treue zu ihrem Auftrag. Eigentum muss keine Fessel sein; es kann Raum der Möglichkeiten werden.

„Als ob nicht“ – so die Haltung, die frei macht für das, worauf es ankommt. Vielleicht nähen wir die zu groß gewordenen königlichen Gewänder in schlichte Funktionskleidung um: nicht prunkvoll, aber tragfähig; Kleidung, die nicht beschwert, sondern wärmt und schützt.

Damit wir leichter unterwegs sind – auf dem Weg unseres Auftrags: Gottes Liebe zu verkündigen, Gemeinschaft zu leben, Menschen zu dienen.

Dieser Text ist unter Nutzung einer KI entstanden. Die tragenden Ideen, Gedanken und Überzeugungen stammen vom menschlichen Autor; die KI war Werkzeug und Resonanzraum.

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